Wenn der Wahnsinn erste Früchte trägt…

 

… fühlt er sich erstaunlich an, wundervoll, einzigartig. Eine Geschäftseröffnung mitten in der schärfsten Krise, bei wöchentlich steigenden Lebensmittel- und Spritpreisen, bei bedrohlich erscheinender Weltlage und krampfhaftem Festhaltenwollen an uneffizienten, gesundheitsschädlichen und immer schwerer begründbaren „Maßnahmen“. Ein Sprung ins Weißnichtwohin.
Ich kann keine logische Erklärung dafür finden, dass der Eröffnungstag so unglaublich gut verlief, in einem Meer von Herzlichkeit und Lachen, Blumen- und anderen Geschenken. Lesehungrige Menschen waren es obendrein, die zu uns kamen, ein wenig schwatzten, etwas aßen, etwas tranken, sich ein wenig beraten ließen und … kurzerhand kauften, ein Buch, zwei Bücher, manchmal sogar mehr. Einer der beiden anderen Autoren, die gekommen waren, hatte Musik mitgebracht, ein Bandoneon, das er gekonnt in Szene setzte. Der zweite freute sich, nach langer Abstinenz wieder einmal einige seiner Gedichte vortragen zu können, unter großem Beifall der Zuhörer. Für mich genügte es, den GEISTERPILGER VON LENGENFELD einfach nur vorzustellen.
Noch längst ist nicht alles in dem baulichen Zustand, den wir uns wünschen, doch das, was da ist, genügt, um anzufangen. Um gut anzufangen. Und kaum einer bemerkte irgendwelche Mängel. Sie hatten genügend damit zu tun, sich gegenseitig anzulächeln bzw. die Chance zu menschlicher Nähe zu genießen, die man ihnen seit zwei Jahren zu verwehren versucht.
Es war, als hätten sie darauf gewartet. Ringsum beginnt alles zu sterben, ziehen sich die Menschen immer noch in irrationaler Pandemie-Angst zurück, pflegen ihre sich verstärkenden Depressionen. Wir haben ein lebendiges Feuer anzünden dürfen, und sie kommen, um sich daran zu wärmen.


Ein Auftakt, wie ich ihn besser nicht hätte erträumen können. Wir wollen eine Oase sein, ein Ort, wo sich Menschen zusammenfinden können, ohne zu fürchten, gemaßregelt zu werden, denn wir sind weder Einzelhandel noch Gastronomie. Sondern einfach nur … ein offenes Verlagsbüro. Man kann einen Kaffee oder Tee trinken und sich durch ein paar Bücher lesen, sich beraten lassen (zum Beispiel bezüglich der Herausgabe eines eigenen Werkes) oder mit jemandem schwatzen. Wer indessen ein Buch kauft, spart sich damit die Bezahlung für das Getränk. Ist doch fair, oder?


Nun haben wir einen festen Standort, aber einige neue Netzwerke und geschäftliche Beziehungen. Man darf gespannt sein, wohin der Zug nun fährt. Ich bin geneigt, das Allerbeste zu glauben, denn unser Wahnsinn beginnt, Früchte zu tragen.

Andreas H. Buchwald            Lengenfeld, 23. März 2022 (am Tag nach der Eröffnung unseres offenen Verlagsbüros Hauptstr. 2 in Lengenfeld)

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