„UCI Straßenrad WM 2018“ – Bericht

Orange Festspiele und viel Musik

Am Sonntag (30.09.) ging in Innsbruck die UCI Straßenrad-WM 2018 mit dem Sieg von Alejandro Valverde in der Kategorie „Straßenrennen Herren Elite“ zu Ende. Der 38-jährige Spanier bewies mit seinem Triumph vor rund 275.000 Zuschauer*innen, dass man auch in dieser Sportart im ‚hohen‘ Alter noch ganz oben auf dem Treppchen stehen kann. Trotzdem waren es die niederländischen Fans, die nach dieser erfolgreichen Woche nicht mehr zu halten waren – sie musizierten und feierten am Sonntagabend lautstark in der Innsbrucker Innenstadt. Damit machten sie der Band „Tyrol Music Project“ Konkurrenz, die, nach der offiziellen Schlussfeier, mit ihrem Konzert die Straßenrad-WM beendete. Auch die Innsbrucker Bevölkerung dürfte nach dieser Zeit des Ausnahmezustandes aufatmen, wenn in den nächsten Tagen wieder Normalität in die Landeshauptstadt einkehrt.

An insgesamt neun Tagen, vom 22.09. bis 30.09., standen nicht weniger als zwölf Rennentscheidungen auf dem Plan. Mit insgesamt sechs Medaillen, davon drei in Gold, wurde die diesjährige Straßenrad-WM zu orangen Festspielen. Einen großen Anteil daran hatte die Niederländerin Anna van der Breggen, die nicht nur das Straßenrennen der Frauen gewann, sondern auch noch den zweiten Platz bei der Einzelzeitfahrt und im Team holte. Sehr erfolgreich waren ebenfalls Belgien (fünf Medaillen) und Australien (drei Medaillen). Aber auch die österreichischen Fans hatten Grund zur Freude, denn Laura Stigger gewann das Straßenrennen der Juniorinnen. Die 18-jährige Tirolerin, die zuvor nur ein weiteres internationales Rennen bestritten hatte und auf Mountainbike-Rennen spezialisiert ist, holte völlig überraschend eine Goldene bei dieser Weltmeisterschaft.

Siegerehrung der Gewinner des Straßenrennen Herren U-23.

Neben den zahlreichen Rennentscheidungen war es wohl das sehr umfangreiche Programmangebot abseits der Rennstrecke, das so manche Besucher*innen nach u.a. Innsbruck, Kufstein und Wattens lockte. Zehn Konzerte wurden von nationalen und internationalen Künster*innen gespielt, darunter auch so klingende Namen wie „Culcha Candela“, „Seiler und Speer“, „Bonnie Tyler“ und „Lost Frequencies & Ofenbach“. So war die Straßenrad-WM nicht nur ein Sport-, sondern auch ein Kultur- und Musikevent. Ein Konzept, das (in den meisten Punkten) wohl aufgegangen sein dürfte. So lockte das Spektakel auch zahlreiche Menschen an, die mit dem Radsport (bisher) wenig zu tun hatten. Dementsprechend unterschied sich das Publikum, das abends zu den Konzerten kam deutlich von jenem, das untertags die Rennfahrer und Rennfahrerinnen unterstützte. Mit Fahnen, Flaggen und in den jeweiligen Landesfarben bemalten Gesichtern feuerten die Hardcore-Fans lauthals ihre Favoriten an. Ein aufblasbares, boxendes Känguru, eine ganze niederländische Musikgruppe, sowie ein als Krampus verkleideter älterer Mann waren nur einige (skurrile) Highlights an der Rennstrecke.

„Culcha Candela“ auf der Hauptbühne der Straßenrad-WM.

Nicht zu vergessen ist aber auch die Situation der Einheimischen, die während der Weltmeisterschaft nicht frei hatten, sondern tagtäglich zur Arbeit fahren, Einkaufen oder auch ihre Kinder zum Kindergarten bringen und wieder abholen mussten. Vorab wurde viel darüber, wie das Ganze für die Bevölkerung so erträglich wie möglich gestaltet werden könnte, diskutiert. Zwar blieb der, von vielen Seiten erwartete, verkehrstechnische „Super-GAU“ aus, jedoch rief besonders der Rundkurs durch die Innenstadt, der diese lahm legte, Kritik hervor. Über Stunden wurden Busse und Straßenbahnen eingestellt oder fuhren nur verkürzt. So wurden z.B. auch die Straßenbahnschienen, zur Sicherheit der Radrennfahrer*innen, mit einem Gummiprofil, das als Dichtung fungierte, gefüllt und  noch mit einer weißen Folie übergeklebt. Gut bedient waren zu diesen Zeiten nur jene, die gut zur Fuß waren und nicht unter Zeitdruck standen. Auch wenn sich teilweise große Menschenmassen an den (zu) wenigen Fußübergängen drängten, war doch, mit einem gewissen Maß an Geduld, ein Durchkommen möglich. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass Bewohner*innen anderer Städte diese Verkehrseinschränkungen über einen so langen Zeitraum mit einer ähnlichen Gelassenheit hingenommen hätten.

Niederländische Fans an der Rennstrecke.

Insgesamt war die Straßenrad WM 2018 in Innsbruck (bzw. Tirol) ein gelungenes Event, das erfreulicherweise ganz  ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen ist. Nach 800.000 Zuschauer*innen vor Ort und über 200 Millionen im Fernsehen, steht nun, nach dem erfolgreichen Abschluss der Weltmeisterschaft mit dem Straßenrennen der Herren bei herrlichstem Wetter, die Rückkehr zur Normalität in Innsbruck und Umgebung auf dem Programm. Eine Veränderung, die nach neun Tagen Ausnahmezustand, so mancher Tiroler*in nicht unwillkommen sein dürfte.

Text & Fotos: © Barbara Klaus

 

Weitere Eindrücke von der Straßenrad-WM 2018:

         

         

         

         

         

0 replies on “„UCI Straßenrad WM 2018“ – Bericht”