„Sweeney Todd“ Musical – Rezension

Barbier im Blutrausch

Mitte September feierte das Musical „Sweeney Todd“ in der Volksoper Wien Premiere. Die Inszenierung besticht durch eine sehr stimmige Bühnenkonstruktion und eine gute Besetzung. Jedoch fehlt es dem Musical an Nummern mit „Ohrwurmfaktor“.

Die Geschichte des Sweeney Todd dürfte spätestens seit der gleichnamigen Verfilmung aus dem Jahr 2007 einem breiteren Publikum bekannt sein. Der junge Barbier Benjamin Barker ist glücklich verheiratet und hat auch eine kleine Tochter. Jedoch zeigt auch Richter Turpin Interesse an dessen Frau und findet einen Weg den naiven Barbier in die Verbannung nach Australien zu schicken. Die Handlung des Musicals selbst setzt 15 Jahre später ein, als Benjamin Barker 1846 unter dem Namen Sweeney Todd wieder nach London zurückkehrt. Schnell findet er heraus, dass seine Frau anscheinend verstorben ist und seine Tochter nun das Mündel des Richters Turpin ist. So tut er sich mit Mrs. Lovett zusammen, um seine Rache zu planen, wobei besonders ihre Pastetenbäckerei von seinem Rachefeldzug auf seltsame Art und Weise profitiert…

Das von Mathias Fischer-Dieskau entworfene Bühnenbild trifft perfekt die Stimmung des Musicals, ohne zugleich zu schlicht oder zu aufdringlich und überladen zu wirken. Die fast komplett in schwarz und dunkelgrau gehaltene Bühnenkonstruktion verdeutlicht sehr gut die allgemein vorherrschende dunkle und triste Grundstimmung im London des 19. Jahrhunderts, sowie gleichzeitig die düstere und zornige Gemütslage Sweeney Todds im Musical. Symbolisch auf der Bühne stehen hierfür die auf einer großen Drehscheibe befindlichen ineinander greifenden Zahnräder, die mit dem restlichen fast an die Decke reichenden Bühnenbild einen überdimensionalen Fleischwolf darstellen. Unterstützt wird dieser Eindruck noch durch eine geringe, auf diese Wirkung perfekt hingetrimmte, Bühnenbeleuchtung. Auch ist durch die sich drehende Bühnenkonstruktion ein schneller und leicht wirkender Wechsel der Handlungsorte auf mehreren Ebenen möglich.

Morten Frank Larsen gibt über weite Strecken einen guten, wenn auch fast zu sympathisch wirkenden, Sweeney Todd ab. Zwar hat diesbezüglich Johnny Depp in der Tim Burton-Verfilmung von 2007 den Charakter deutlich düsterer und furchterregender angelegt, jedoch kann Larsen den Hollywood-Schauspieler zumindest was die stimmliche Leistung betrifft deutlich übertreffen. Ausgezeichnet besetzt wurde mit Dagmar Hellberg auch die Rolle der Mrs. Lovett, welche sich, wie am Schlussapplaus zu merken war, schon in kurzer Zeit zu einem Liebling der Zuschauer gemausert hat. Eine überaus glaubhafte verrückte Bettlerin, welche immer wieder unvermittelt auf der Bühne auftaucht, gibt Patricia Nessy ab. Die Rolle des „Todfeindes“ Sweeney Todds, Richter Turpin, wurde mit dem Schauspieler Robert Meyer besetzt. Der Direktor der Volksoper Wien gibt hierbei überzeugend einen bösen und bis zur Selbstgeißelung getriebenen Richter.

Im Gegensatz zu anderen Musicals, wie „Les Miserables“ und „Tanz der Vampire“, fehlt es „Sweeney Todd“ leider ein wenig an Melodien mit „Ohrwurmfaktor“, welche der Zuschauer auch noch Tage später vor sich hin summt. Auch verlieren die in der englischen Originalsprache eingängigeren Lieder durch die Übersetzung ins Deutsche an Eingängigkeit und Erinnerungswert. So können Nummern, wie „The Worst Pies in London“, „Johanna“ und „Not While I’m Around“ nicht ihre volle Wirkung entfalten.

Insgesamt ist mit der aktuellen Inszenierung des Musicals „Sweeney Todd“ eine der besten Musicalproduktionen Wiens in der Volksoper zu sehen. Es erwartet den Zuschauer bei „Sweeney Todd“ ein humorvoller Abend mit einer unaufdringlichen, aber beeindruckenden Bühnenshow, durchaus liebenswerten Darstellern und jede Menge Theaterblut.

Weitere Termine:

5., 12. und 18. Oktober 2013

6., 8.und 13. Jänner 2014

3. und 9. Februar 2014

 

Barbara Klaus

0 replies on “„Sweeney Todd“ Musical – Rezension”