Drama mit komödiantischem Grundton
Der Film „Kleine schmutzige Briefe“ erzählt, basierend auf wahren Begebenheiten, die Geschichte von zwei benachbarten Frauen, die nicht unterschiedlicher sein könnten, und anstößigen, anonymen Briefen, die zu folgenschweren Anschuldigungen führen. Die vermeintliche Komödie entwickelt sich rasch zu einem Drama, dessen eher vorhersehbare Handlung durch den brillanten Cast aufgefangen wird.
In der kleinen englischen Küstenstadt Littlehampton in den 1920er Jahren erhält plötzlich Edith Swan (Olivia Colman), eine unverheiratete, gläubige Frau mittleren Alters, die noch bei ihren Eltern wohnt, anstößige, anonyme Briefe. Schnell ist mit der jungen, lebhaften Nachbarin Rose Gooding (Jessie Buckley), die mit ihrem Verhalten und ihrer vulgären Ausdrucksweise auffällt, eine Schuldige gefunden. Als immer mehr Leute in Littlehampton derlei Briefe erhalten und Rose durch die Ermittlungen von Scotland Yard der Verlust des Sorgerechts für ihre Tochter droht, stellt die Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) eigene Recherchen an. Schnell wird klar, dass hier etwas nicht stimmt und Rose nicht die Verfasserin der Briefe sein dürfte.
Als die ersten Briefe auftauchen, fällt der Verdacht schnell auf Rose (Jessie Buckley, re.).
Der britische Comedian und Autor Jonny Sweet wurde von wahren Begebenheiten zu seinem ersten Drehbuch inspiriert, dessen filmisches Ergebnis u.a. vom Produzenten Graham Broadbent als „Komödie mit dramatischen Zügen“ bezeichnet wird. Während der Trailer eine solche verspricht, kann der Film selbst mit den, beim Publikum geweckten, Erwartungen nicht ganz mithalten. Während vor allem zu Beginn des Streifens der komödiantische Aspekt dominiert, entwickelt sich der Film mit der Zeit immer mehr zu einem Drama, das sich (zu sehr) darum bemüht lustig zu sein. Zwar hat der Film auch einen Kriminalfall zum Thema – die Versendung von anstößigen Briefen – jedoch ist dessen Ende so vorhersehbar, dass er kaum als solcher bezeichnet werden kann und geht auch ein wenig im Gesamtkonstrukt des Films unter.
Denn mit ihrem Verhalten und ihrer vulgären Ausdrucksweise eckt sie tagtäglich an.
Dagegen konnte für den Film ein brillanter Cast gewonnen werden, der die eher schwache Handlung vergessen lässt. Eine grandiose schauspielerische Leistung liefert insbesondere die Oscarpreisträgerin Olivia Colman („The Favourite“) als Edith Swan ab, die es schafft oftmals mehreren, gemischten, sich gelegentlich auch entgegenstehenden Gefühlen, nur durch ihre Mimik Ausdruck zu verleihen. Allein dafür lohnt es sich bereits den Film anzusehen. Als perfektes Pendant dazu unterhält Jessie Buckley („Frau im Dunkeln“) in der Rolle der aufbrausenden, extrovertierten Rose Gooding. Das Frauen-Power-Trio in „Kleine schmutzige Briefe“ wird durch Anjana Vasan („Killing Eve“) vervollständigt, die sich als junge, kluge Polizistin in einem von Männern dominierten Beruf behaupten muss.
Beim Prozess: Edith Swan (Olivia Colman, re.) und ihr Vater (Timothy Spall, li.).
Gemeinsam lassen sie ihren Schauspielerkollegen nur wenig Raum zu glänzen, wobei deren Rollen auch teilweise sehr stereotyp, geradezu ein wenig lächerlich, angelegt sind, wie beispielsweise jene des Polizeichefs und dessen männlichen Kollegen, dargestellt von Paul Chahidi („Good Omens“) und Hugh Skinner („The Windsors“). Zwei sehr bekannte Gesichter verkörpern die Eltern von Edith Swan, die auch im Film keine unwichtige Rolle spielen. So sind in „Kleine schmutzige Briefe“ als Victoria und Edward Swan die britischen Film- und Fernsehgrößen Gemma Jones („Bridget Jones“) und Timothy Spall („Mr. Turner“) zu sehen, die – wie nicht anders zu erwarten wäre – eine ebenfalls gute schauspielerische Leistung abliefern.
Die Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) beginnt auf eigene Faust zu ermitteln.
Insgesamt mag der Film zwar nicht alle Erwartungen erfüllen, die der sehr unterhaltsame Trailer weckt, jedoch besticht „Kleine schmutzige Filme“ vor allem durch die fulminante Leistung seines Casts, allen voran Olivia Colman und deren Kolleginnen Rose Gooding und Anjana Vasan. Der Film läuft ab 28. März 2024 in den heimischen Kinos.
Text: Barbara Klaus
Bilder: © 2024 STUDIOCANAL / Parisa Taghizadeh