Ausstellung „Völlig Fraglich“ – Bericht

Sichtbarmachung „vergessener Geschichte“

Vergangenen Freitag (30.11.) fand nach einer gut zweijährigen Planungsphase die Eröffnung der Ausstellung „Völlig Fraglich. Vergessene Geschichte“ am Institut der Theater-, Film- und Medienwissenschaft statt. Im Gedenkjahr 2018, das u.a. an die Gründung der Ersten Republik im Jahr 1918, aber auch den „Anschluss“ Österreichs zwanzig Jahre später, erinnert, setzt sich auch diese Einrichtung mit ihrer eigenen Geschichte auseinander. Im Fokus steht dabei ein reflektierter Umgang mit bisher unbekannten Gegenständen u.a. aus der NS-Zeit.

Das Gedenkjahr 2018 initiierte eine ganze Reihe an Veranstaltungen, die diversen Ereignissen der letzten hundert Jahre gedachte bzw. die Geschichte Österreichs in diesen (mehr oder weniger) kritisch reflektieren. Während in Großbritannien und Frankreich vor allem an das Ende des Ersten Weltkrieges (1914-1918) erinnert wurde, wurde hierzulande das Jahr 1918 vor allem mit der Gründung der Ersten Republik verbunden. Aber nicht nur diesem Ereignis wurde öffentlich prominent gedacht – auch jähren sich dieses Jahr zum achtzigsten Mal der „Anschluss“ an Österreich und die Novemberpogrome („Reichskristallnacht“) von 1938. Dementsprechend fühlte man sich vielerorts dazu verpflichtet die eigene Geschichte während des Nationalsozialismus (erneut) aufzuarbeiten.

So fand bereits vor zehn Jahren, 2008, im Rahmen einer Ausstellung und Publikation eine intensive Auseinandersetzung mit der Gründungsgeschichte des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, welches 1943 ins Leben gerufen wurde, statt. Den Ausschlag für die erneute Beschäftigung mit der eigenen Geschichte gab die Übersiedelung des Instituts von den Räumlichkeiten in der Hofburg ins UZA II (Spittelau). Bei den dabei durchgeführten Aufräumarbeiten kamen vor allem im sogenannten „Speckkammerl“, einem vor Schachteln und sonstigem Material überquellenden großen Abstellraum, zahlreiche Objekte zum Vorschein, die nicht nur unter einer Jahrzehnte alten Staubschicht begraben waren, sondern auch ernste Fragen zur eigenen Vergangenheit aufwarfen. Im Seminar „Institut-Geschichte-Visualisierung“ (Wintersemester 2016) kamen unter der Leitung von Birgit Peter und Johannes Löcker-Herschkowitz Studierende zusammen, um diese Materialien zu „bergen“, zu analysieren und für eine Ausstellung aufzubereiten.

Das Ergebnis ist aktuell im Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft zu sehen. Die momentan als Dauerausstellung geplanten Installationen zeigen brisante Fundstücke, die einen spezifischen NS-Wissenschaftsalltag nachzeichnen. Sie umfassen u.a. Buchbestände, Schriftstücke, Fotografien, Schattentheaterfiguren und von Studierenden mit den Materialien erstellte Stop-Motion Filme. Ihre Provenienz ist, wie der Titel der Ausstellung schon andeutet, in der Regel „völlig fraglich“. Es muss davon ausgegangen werden, dass diese, zumindest teilweise, unrechtmäßig erworben wurden. Als Beispiel kann der Erstbestand der Fachbereichsbibliothek Theaterwissenschaft angeführt werden. Die in den Büchern befindlichen Exlibris Stempel und Aufkleber sind als Hinweise darauf zu lesen. Unter anderem finden sich in dutzenden Publikationen Stempel von Richard Lányi, dessen Buchhandlung in Wien 1938 „arisiert“ wurde. Er starb 1942 in Ausschwitz.

Ziel der Ausstellung ist es diese und weitere bisher „vergessenen Geschichte(n)“ sichtbar zu machen und einen kritischen und reflektierten Umgang mit Geschichte im universitären Alltag zu bewirken. Ein Vorhaben, das soweit geglückt zu sein scheint bzw. (hoffentlich) noch erreicht werden wird.

 

Text & Bild: © Barbara Klaus

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