Rezension Anthologie „Pilum Literaricum“

Rezension Anthologie „Pilum Literaricum“ / Ausgabe 6/2016.

Auffallend, wie sich das Niveau gegenüber früheren Ausgaben dieser Anthologie-Reihe gehoben hat. Vor allem weibliche Autoren wissen zu überraschen.

Wie etwa Doris Fleischmann mit ihrer Kurzgeschichte über das Erinnern, das darin Steckenbleiben als scheinbarer Ausweg aus der Einsamkeit. Oder Maria Reiss mit ihrer Erzählung über sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz, die ökonomische Abhängigkeit, der Schilderung des banalen Alltags und den sich daraus ergebenden Zwängen. Freilich auch, und vielleicht sogar besonders: Sascha Wittmann, die einige sicher von der Literatengruppe „Textmotor“ her kennen. Ihre Geschichte ist vielschichtig, handelt von vergeblichem Engagement, gehetzt dabei von den täglichen Banalitäten und Routinen, den Fallen, die man sich selbst stellen kann. Der Schluss der Geschichte ist überraschend und obwohl man die damit verbundenen Vorgänge bewerten könnte, tut Sascha Wittmann es nicht, sondern weist auf eine Tür zur Reflexion, die der Leser selbst öffnet.

Von den Herren weiß Hans Maier zu gefallen, der sensibel und ethisch reflektierend die Vorgänge um den Verlust von Zwillingen beschreibt, die im Mutterleib seiner Frau abgestorben waren. Der Fortgang der Geschichte weiß ebenfalls zu überraschen. Der Slam Poet Michael Altmutter streift in seinem „Das Gänseblümchen Epos“ vergnügt durch die Ebenen gängiger Allerweltsziele und macht sich anschließend in „Hat jemand einen Job für mich?“ sowohl über die Vorgänge am Arbeitsplatz als auch über sich selbst lustig. Schließlich malt uns der Argentinier Lidio Mosca-Bustamante anhand „Die Kunst des Springens“ kraftvolle Bilder eines aus den Fugen geratenen Familienlebens. Der riesengleiche Vater, ein Trinker, tyrannisiert und schlägt die Kinder. Die sensible Maria findet für sich einen Ausweg in dem, was sie gut kann: springen! „Terra nostra, terra sanguinis“ schließlich, ebenfalls von Lidio Mosca-Bustamante zeigt seine Nähe zum magischen Realismus. Während er in einer Bibliothek über Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ sinniert, beginnt ihn ein Geruch zu irritieren und seine Gedankenwelt zu stören. Letztlich ist es ein Geruch, der von einem Buch über Attila den Hunnenkönig ausgeht. Eine klare Leseempfehlung! Das Buch dazu „Die magische Vihuela“, erschien im Vier-Viertel-Verlag Strasshof. „Krasse Qualitätsmängel“ von Georg Rejam ist eine Satire darauf, wie ein perfektionistischer Techniker bei der Babypflege auf hohem Niveau versagt. Jürgen Krenn schließlich überrascht mit einer sehr unterhaltsamen Geschichte über die zunehmende Sprachlosigkeit in unserer Gesellschaft. Er beginnt mit einer längeren Abhandlung über das richtige Halten einer Zeitung an einem Kaffeehaus-Tisch. Sehr amüsant! Auch der Schluss hat etwas Tragikomisches. Eine vergnügliche Satire!

 

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