„Lost River“ – Filmkritik

Außer Kontrolle geratener Kunstfilm

In wenigen Tagen (28.05.) startet das Regiedebüt des Schauspielers Ryan Gosling in den österreichischen Kinos. Mit durchaus bekannten Namen, u.a. Christina Hendricks, Matt Smith und Saoirse Ronan kann der Cast von „Lost River“ aufwarten. Dennoch scheint sich Gosling, welcher auch das Drehbuch für den Film lieferte, nicht so recht entscheiden zu können, worum es in seinem Film geht und was er mit diesem aussagen möchte.

Die Handlung entfaltet sich in der kleinen heruntergekommenen Stadt Lost River. Im Untergang begriffen, verlassen immer mehr Einwohner die trostlose Gegend. Nur wenige wollen nicht aufgeben und verweilen in der durch Hochhausschluchten und eingefallene Gebäude geprägten Ortschaft. Zu ihnen zählt auch die Mutter Billy (Christina Hendricks), die mit ihren beiden Söhnen Franky und Bones (Iain De Caestecker) in einem der heruntergekommenen Einfamilienhäusernlebt. In einem Nachbarhaus wohnen auch noch das Mädchen Ratte (Saoirse Ronan) und deren Großmutter. Weil Billy mit Finanzproblemen zu kämpfen hat, muss sie in einem zwielichtigen Nachtclub einen nicht ungefährlichen Job annehmen. Bones, der im Laufe des Films Ratte näher kommt, versucht hingegen durch den Verkauf von zuvor in den Ruinen gesammeltem Schrott ein wenig Geld dazu zu verdienen. Jedoch gerät er dadurch bald in das Visier des jüngst selbst ernannten Herrschers der Stadt, Bully (Matt Smith), der über eine ausgeprägte sadistische Ader verfügt. Auch eine in einen See führende Straße gibt Rätsel auf. Ratte erzählt Bones von ganzen Ortschaften, welche im Zuge des Baus eines Dammes in der unmittelbaren Umgebung geflutet wurden. Seither soll ein Fluch auf der Stadt Lost River liegen. Kann Bones diesen Fluch brechen und dadurch möglicherweise die Stadt und seine Familie retten?!

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Die verzweifelte Mutter Billy (Christina Hendricks).

Mit „Lost River“ nahm Ryan Gosling, der bisher vor allem für seine schauspielerischen Leistungen u.a. in den Filmen „Drive“ (2011), „Wie ein einziger Tag“ (2004) und „The Ides of March – Tage des Verrats“ (2011) bekannt ist, im Regiestuhl Platz. Ebenfalls übernahm er für diesen Film noch die Funktionen des Drehbuchautors und (eines) Produzenten. Die Redewendung „Der erste Pfannkuchen geht immer daneben“ ist durchaus auf diesen Film übertragbar. Irgendwo zwischen Realität und Fiktionalität angesiedelt, ist bis zum Ende des Films nicht genau zu sagen, ob die zu sehenden Elemente wirklich sind oder nur der Fantasie des Drehbuchautors entsprungen sind. Übrig bleibt nur ein undurchschaubarer Nebel, der den Zuschauer dem beklemmenden Gefühl der Ungewissheit überantwortet. Ebenfalls machen viele an einen Kunstfilm erinnernden Einstellungen und Sequenzen zwar einen optisch schönen Eindruck, treiben aber die Handlung nicht so recht voran, wodurch der Film trotz nur etwa 95 Minuten Laufzeit noch immer einen zu langen Eindruck macht. Gosling scheint sich vor allem in diesen künstlerischen Momenten des Öfteren vollkommen zu verirren. So sucht der Film kontinuierlich nach Zusammenhängen und einem roten Faden, der, um eine logische Handlung zu ergeben, einmal zu oft durchtrennt wurde.

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Matt Smith, bekannt aus der Serie „Doctor Who“, in einer völlig neuen Rolle.

Der mit einem FSK 16 ausgezeichnete Film ist aufgrund seiner gewaltsamen Darstellungen nur für ein erwachsenes Publikum zu empfehlen. Abseits von abgeschnittenen Lippen und einem abgetrennten Rattenkopf, sind es vor allem die Szenen im zwielichtigen Nachtclub, die dem Zuschauer auf den Magen schlagen können. In diesem werden im Rahmen einer Horrorshow Schauspieler auf der Bühne unter Zuhilfenahme einer Menge Kunstblut eindrucksvoll ermordet oder entstellt. Obwohl es sich hierbei nur um eine künstlerische Darbietung handelt, sind die seelischen Abgründe des anwesenden Publikums erahnbar. Auch hier kommt der Zuschauer des Films nicht zur Ruhe und muss sich der Frage stellen, ob solche Veranstaltungen ebenfalls abseits der Leinwand stattfinden (könnten). Schlussendlich sind es der kurz gehaltene Showdown und das teilweise offen bleibende Ende, das das Filmpublikum ohne eine befriedigende Antwort darüber zurücklässt, was der Regisseur und Drehbuchautor ihm eigentlich mit dem Film mitteilen wollte.

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Cat (Eva Mendes) als Attraktion einer (sich entwickelnden) Horrorshow.

Zusammenfassend kann zu „Lost River“ gesagt werden, dass der Film kaum einem bestimmten Genre zugerechnet werden kann und in Folge dessen seine liebe Mühe haben dürfte ein spezifisches Publikum zu finden. Für Fans von Horrorfilmen dürften vor allem die optisch eindrucksvollen aber wenig spannenden Sequenzen kaum interessant sein, während Kunstfilmliebhabern wohl die übermäßige Zurschaustellung von Gewalt sauer aufstoßen dürfte. In Folge dessen bleibt gespannt abzuwarten, wie sich der Film an den österreichischen Kinos schlagen wird.

Text: Barbara Klaus

Fotos: © BOLD FILMS PRODUCTIONS, LLC. / TIBERIUS FILM GMBH

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