„Kind 44“ – Filmkritik

Verbrechen im „Paradies“

Am 04. September läuft die Romanverfilmung „Kind 44“ mit den Hollywoodstars Tom Hardy und Gary Oldman auch in den österreichischen Kinos an. Im Russland der 1950er Jahre spielend, erzählt der Film die Geschichte eines Serienkillers, der im stalinistischen Paradies nicht existieren dürfte. Obwohl die Rollen gut besetzt wurden und auch die preisgekrönte Romanvorlage nicht allzu verfälscht in das Drehbuch Eingang fand, hätte dem Film (137 min.) die eine oder andere Straffung gut getan.

Moskau, 1953: Der Geheimdienstoffizier Leo Demidow (Tom Hardy) hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Als Waisenjunge aus der Ukraine aufgewachsen, wurde er 1945 auf einen Schlag zum gefeierten Kriegsheld. Acht Jahre später ist er mit Raisa (Noomi Rapace) verheiratet und versucht die Karriereleiter immer weiter hinauf zu steigen. Als jedoch der Sohn eines Kollegen grausam ermordet aufgefunden und dessen Tod zum Unfall erklärt wird, da es während der stalinistischen Zeit offiziell keine Verbrechen gab, gerät das Weltbild von Leo ins Wanken. Nachdem ein weiteres Kind auf ähnliche Art und Weise zu Tode kommt, stellt er entgegen des Befehls seines Vorgesetzten Nachforschungen an. Degradiert und ins provinzielle Exil verbannt, kommt er einer Mordserie an Kindern und Jugendlichen quer durch die UdSSR auf die Spur…

Raisa (Noomi Rapace) arbeitet als Lehrerin an einer Moskauer Schule.

„Kind 44“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Tom Rob Smith, welcher gleichzeitig den Auftakt zur Bestseller-Trilogie rund um Leo Demidow bildet. Der in der Tschechischen Republik gedrehte Film hält sich über weite Strecken recht genau an die Buchvorlage, wodurch jedoch immer wieder auftretende Längen nicht verhindert werden konnten. Das eine oder andere Mal zu oft gerät das soziale Milieu der Zeit in den Mittelpunkt des Films, worunter die Spannung des Streifens nachträglich leidet. Das Ergebnis ist eine filmische Studie des stalinistischen Systems der 1950er Jahre und dessen Verfahrensweise mit (offensichtlichen) Verbrechen.

Leo Demidow (Tom Hardy) ist mit der Vorgehensweise seines Vorgesetzten nicht immer einverstanden.

In der Hauptrolle des Leo Demidow brilliert der Schauspieler Tom Hardy, welcher unter anderem durch die Filme „The Dark Knight Rises“ (2012) und „Mad Max: Fury Road“ (2015) größere Bekanntheit erlangte. Nicht nur aufgrund seines Aussehens kann der Brite als Idealbesetzung für diese Rolle beschrieben werden. Ebenfalls schafft er es in „Kind 44“ sowohl den inneren moralischen Zwiespalt seiner Figur authentisch darzustellen als auch in brutalen Actionszenen den knallharten Offizier zu verkörpern. An die Seite gestellt wurde ihm mit Noomi Rapace als Raisa eine der aktuell aufstrebendsten Charakterdarstellerinnen Hollywoods, welche vor allem mit ihrer Darstellung der Lisbeth Salander in der Erstverfilmung der Millennium-Trilogie (2009) Aufsehen erregte. Ihre gute schauspielerische Leistung in diesem Film wird jedoch leider durch extrem unnatürlich wirkende Kontaktlinsen, die einen Großteil der dargestellten Emotionen schlucken, geschmälert.

Leo (Tom Hardy) und Raisa (Noomi Rapace) ermitteln auf eigene Faust weiter.

Insgesamt bildet der Film „Kind 44″ eine durchaus gelungene Buch-Film-Adaption, die sowohl die Leser des Romans als auch Personen, denen die Buchvorlage unbekannt ist, gefallen könnte. Die einzigen Wehrmutstropfen bilden die Länge des Films (fast 140 Minuten), sowie die über weite Strecken fehlende Spannung im Film aufgrund diverser Unterbrechungen der Haupthandlung durch Milieu-Studien und Zeitsprünge in der Geschichte.

Fotos: © Concorde Film

Text: Barbara Klaus

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