Interview: Noah Saavedra („Egon Schiele“)

Interview: Noah Saavedra („Egon Schiele“)

Am 07.10.2016 kommt mit dem Film „Egon Schiele: Tod und Mädchen“ die neueste Regiearbeit von Dieter Berner in die österreichischen Kinos. Wir haben uns vorab am Set mit Noah Saavedra, Darsteller von Egon Schiele und Hauptfigur des Films, über seinen aktuelle Film, seine Figur in diesem, sowie vergangene Film- und Theaterarbeiten unterhalten.

Sie spielen im Film die Figur des Egon Schiele. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Mit Dieter (Anm. Regisseur des Films) zusammen, über ein Jahr lang. Wir haben uns jede Woche am Sonntag getroffen und nachdem ich auch noch nicht Filmschauspiel erprobt bin, hat er daran mit mir gearbeitet. Zum Beispiel haben wir viele Fotos nachgestellt. Er (Anm. Egon Schiele) hatte so viel Haltung, seine Stifte waren alle nach Formen und Farben sortiert. Er hatte eine solche Ordnung und dann sieht man sich aber seine Bilder an und da ist Wüste, Chaos, Emotion etc. Und genau diesen Spagat haben wir versucht hinzubekommen.

Das heißt die Arbeit mit Dieter Berner verläuft gut?

Ja, aber gut ist vielleicht das falsche Wort. Denn wir streiten und zanken. Ich bin manchmal verzweifelt, weil ich es nicht fasse, dass er so viel von mir will. Es gab Momente, in denen wir uns angeschrien haben und dann gab es wieder Momente, in denen wir uns umarmt haben, weil wir uns zusammen so gefreut haben. Es ist einfach sehr produktiv. Ich hatte zwischendurch den Gedanken „Ich kann das nicht“, aber dann auch wieder das Gefühl „Ich kann alles“. Es schwankt eben. Seit wir begonnen haben zu drehen verläuft die Arbeit sehr gut. Es war die Zeit davor, die sehr intensiv war. Jetzt heißt es (Egon) Schiele an sich heran zu ziehen. Er (Anm. Dieter Berner) gibt mir die Unterstützung und den Boden des Vertrauens, dass ich das schaffe. Und genau das fühlt sich sehr gut an.

Und wie viel steckt von Ihnen selbst in der Figur des Egon Schiele? Erkennen Sie sich selbst in der Figur wieder?

Sehr viel, auf jeden Fall. Es wurde schließlich zwei Jahre lang gecastet und ich war insgesamt zwei Mal beim Casting und er (Anm. Dieter Berner) hat gewusst, dass ich es bin. Ich wusste zunächst nicht, warum er mich genommen hat, eine Person, die noch nie vor der Kamera gespielt hat. Aber in diesem Prozess des Kennenlernens der Figur habe ich gemerkt, dass er (Anm. Egon Schiele) mir ganz ähnlich ist. Ganz viele Beziehungen, die er führte, ähneln jenen, die ich führe. Er hat ähnliche Ideen. Er will groß werden, das will ich natürlich auch. Ich habe einen Zug, einen Drang, und den hatte er auch. Ich wollte nicht unbedingt malen, aber ich wollte früher gerne tischlern. Die Schauspielerei ist für mich erst seit relativ kurzer Zeit ein Thema. Ich kenne Leute, die schon seit sie klein waren, Schauspieler werden wollen. Ich habe immer gerne gespielt, aber ich wollte auch dazwischen Kindergärtner werden, habe zwischendurch transkulturelle Kommunikation und Kultur- und Sozialanthropologie studiert. Das war alles sehr unsicher, aber auch sehr wüst. Es war eine Phase der Selbstfindung.

In Ihrer Vita scheint auch der letzte James Bond Film, „Spectre“, auf. Was war Ihre Rolle dort?

Ich habe einen Snowboarder gespielt. Das war eine ganz kleine Rolle, wenn ich Glück habe bin ich eine Sekunde lang im Film zu sehen. Wenn nicht bin ich rausgeschnitten worden. (lacht) Es geht darum, dass wir „Q“ (Anm. dargestellt von Ben Wishaw), den Techniker, davor retten von zwei Auftragskillern umgebracht zu werden. Das ist eine ganz kurze Szene, in der wir auf Deutsch gesprochen haben. Aber es war eine extrem spannende Arbeit. Es gab ein riesiges Set und 300 Millionen Budget für einen Film sind ein Wahnsinn. Das ist natürlich nichts im Vergleich zu österreichisch-deutschen Filmen.

War der Film „Spectre“ dann von der Arbeit her anders als „Egon Schiele: Tod und Mädchen“?

Nein, das würde ich nicht sagen. Sie sind sich schon ähnlich. Beide sind wie ein Zahnrad, das aus vielen Rädchen besteht, die ineinander greifen. Jeder hat sein Department und jedes Department funktioniert effizient. Die Arbeit des Schauspielers passiert im Vorhinein, wie z.B. Recherchen u.Ä. Dafür hat man ein Jahr oder länger Zeit. Und dann kommt man an das Set und muss quasi fertig sein. Und alle Departments brauchen etwas von dir, wie etwa Ton-Check und Licht-Check. Das ist ähnlich wie beim Bond-Film. Nur bei diesem gibt es natürlich fünf Regieassistenten und 200 weitere Assistenten und bei der aktuellen Produktion gibt es deutlich weniger von diesen. Das heißt „Spectre“ war nur etwas größer, aber von der Arbeit her sehr ähnlich.

Vor Ihrer Rolle des Egon Schiele haben Sie auch viel am Theater gearbeitet. Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen Theater- und Filmarbeit?

Ich habe bisher nur am Burgtheater und einmal im Dschungel gespielt, das ist also gar nicht so viel. Der Unterschied besteht darin, dass man im Burgtheater bis auf den vierten Rang hinauf spielen muss. Die Kamera hingegen ist ein Voyeur, sie sitzt auf deiner Schulter und sieht dir in die Seele. Bei ihr geht es darum sich zu öffnen und das auch zuzulassen. Beim Theater ist es in Bezug auf die Schauspielerarbeit ähnlich, aber alles ist viel größer, viel aufgebauschter. Da braucht man u.a. viel mehr Stimme. Hier beim Film darf ich in meinem Dialekt sprechen und darf nuscheln, weil die Kamera ganz nah an einem dran ist.

Und wenn Sie sich heute zwischen Theater und Film entscheiden müssten, was würden Sie wählen?

Da kann ich mich nicht entscheiden. Ich brauche beides. Darum hoffe ich auf ein Theaterengagement und Filmdrehs nebenbei. Theater bedeutet Ensemble, zusammen eine Geschichte erzählen, Familie auf eine Art und Weise. Das ist sehr schön. Filme bestehen dahingegen aus zusammengewürfelten Darstellern, die zusammen eine Geschichte erzählen, aber viel kurzlebiger. Man spielt von einem Film zum nächsten. Theater dahingegen bedeutet zumindest ein ein- bis mehrjähriges Engagement, das das eigene Leben viel mehr einnimmt. Am Theater war ich von Montag bis Sonntag, bis zu 17 Stunden täglich vor Ort. Es wurde nur dort produziert und geschaffen. Und hier ist es anders. Ich komme nach Hause und bin natürlich auch vom Film abgelenkt, aber es ist eine andere Art und Weise des Arbeitens. Es besteht eher aus Stationen. Man ist für eine kurze und intensive Phase da und danach ist es eben wieder aus, weil der Film fertig ist. Das Stück im Theater wird aber immer wieder gespielt und je nachdem, wie viele Leute kommen, wird es (immer wieder) in die nächste Spielzeit übernommen.

Haben Sie schon neue Projekte, nach „Egon Schiele: Tod und Mädchen“, im Hinterkopf?

Ja, aber darüber kann/darf ich noch nichts sagen.

Bild: © Thimfilm / Novotny Film

Interview: Barbara Klaus

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