„Fräulein Julie“ – Filmkritik

Theatral anmutende Literaturverfilmung mit Längen

Am 23. Jänner 2015 kommt mit dem Film „Fräulein Julie“ eine weitere Adaption der gleichnamigen Tragödie von August Strindberg (1888) in die österreichischen Kinos. In dieser verarbeitet die Regisseurin Liv Ullmann in gut zwei Stunden die Themen Geschlechterverhältnisse, Standesunterschiede sowie Liebe, Leidenschaft und Verlust. Der mit Colin Farrell und Jessica Chastain in den Hauptrollen besetzte Film dürfte vor allem ein anspruchsvolleres Kinopublikum interessieren.

Irland, Mittsommernacht 1890. Fräulein Julie (Jessica Chastain), die Tochter eines Grafen, ist mit dem Diener John (Colin Farrell) und der Köchin Kathleen (Samantha Morton), dessen Verlobte, allein auf dem Landgut. Zwischen Julie und John kommt es innerhalb dieser einen Nacht zu einem immer gefährlicher werdenden Spiel zwischen Verführung und Zurückweisung. Aus einem anfänglich harmlosen Flirt wird bitterer Ernst, wobei sich die beiden zutiefst unterschiedlichen Charaktere immer weiter gegenseitig aufstacheln. Auf der einen Seite steht der weltgewandte Diener John, der vor allem eine Verbesserung seiner finanziellen und gesellschaftlichen Lage im Sinn hat. Auf der anderen Seite befindet sich das adelige Fräulein Julie, das gesellschaftlich deutlich über dem Diener steht, sich aber dennoch von dessen Bildung und Charisma angezogen fühlt. So durchwandeln sie in dieser Mittsommernacht alle möglichen Phasen einer verbotenen Liebschaft, wobei es schließlich zu einem tragischen Ende kommt….

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Jessica Chastain als das Fräulein Julie (Foto: © Thimfilm)

Die in den Hauptrollen zu sehenden Hollywood-Größen Colin Farrell und Jessica Chastain liefern im Rahmen des Filmes eine hervorragende schauspielerische Leistung ab. Der immer weitere geistige Verfall der beiden Hauptcharaktere wird von ihnen eindrucksvoll dargestellt. Aber obwohl sie die Emotionen ihrer Figuren und Handlungen durchaus logisch erscheinen lassen, wirken sie auf den Zuschauer irrational und überzogen. Dies kann durchaus daran liegen, dass die im Film verhandelten Themenkomplexe nicht mehr ganz zeitgemäß erscheinen und auch nicht für das 21. Jahrhundert adaptiert wurden. Ebenfalls kann der Schauspielstil der Darsteller mehr im Theater- als im Film-Bereich verortet werden. Dieser Umstand kann jedoch durchaus als beabsichtigt gesehen werden, da auch der Film selbst, wie viele Theaterstücke, räumlich und zeitlich sehr eingeschränkt ist. So deckt der Film nur einen Zeitraum von nicht einmal 24 Stunden ab und handelt vornehmlich nur in einem Raum: der Küche des Anwesens.

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Colin Farrell als der Diener John (Foto: © Thimfilm)

Trotz der begabten Schauspieler nimmt die Handlung des Films nur sehr langsam und träge Fahrt auf. So kann es durchaus passieren, dass der eine oder andere Kinobesucher schon nach 20 Minuten auf die Uhr blickt. Vor allem in der ersten Stunde wird die Handlung kaum aktiv voran getrieben und es kommt immer wieder zu den gleichen, schon fast monoton anmutenden, Dialogen. Hier hätte man wohl, da der Film insgesamt eine Laufzeit von über zwei Stunden hat, leicht die eine oder andere Kürzung vornehmen können. Jedoch scheint die Regisseurin auf diesem Weg die sich immer weiter aufbauende sexuelle und klassenständische Spannung zwischen den beiden Hauptfiguren schildern zu wollen. So kommt es erst in der zweiten Hälfte des Films, als die durch die Gesellschaft geregelte Ordnung zwischen den beiden Charakteren aufzubrechen beginnt, zu spannungsvollen und beinahe actionreichen Szenen. Das für heutige Verhältnisse unrealistisch erscheinende Ende des Films wird den Zuschauer mehr erleichtert und verwirrt als nachdenklich und traurig zurücklassen.

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John (Colin Farrell) und Julie (Jessica Chastain) kommen sich näher. (Foto: © Alamode Filmverleih)

Insgesamt ist „Fräulein Julie“ eine auf die Leinwand gebrachte Tragödie, die in vielen Bereichen einer durchschnittlichen Theatervorstellung verhaftet bleibt. Vor allem Fans der beiden Hauptdarsteller, Colin Farrell und Jessica Chastain, werden wohl zu Beginn des Films von der vor allem auf Dialogen basierenden Handlung leicht enttäuscht sein. Wer aber die erste Stunde durchhält, erwartet einige emotionsgeladene Szenen und ein tragisches Ende.

 Text: Barbara Klaus

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