DER BÜCHERFLUCH

Dieser Aufsatz befasst sich mit dem Buch im Allgemeinen und hier wieder speziell mit dem Thema Exlibris. Das Exlibris ist ein Bucheigner Zeichen welches einer Person, einer Institution, Bibliothek oder einer Privatbibliothek zugeordnet werden kann. Es gibt die unterschiedlichsten Motive bei der Gestaltung eines Exlibris.

Es würde zu weit führen das Thema EXLIBRIS ausführlich zu behandeln, dieser Aufsatz soll das Interesse bei den Lesern wecken.

Diesen Artikel habe ich speziell dem Thema „DER BÜCHERFLUCH“ gewidmet und mit den zum Thema passenden Bucheigner Zeichen versehen.

Dr. Christa Mache

 

Scherz und Ernst im Exlibris

Zu diesem Thema der „BÜCHERFLUCH“ gibt es einen Zufallsfund im Rara Raum der Bibliothek der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Auf dem Vorsatzblatt handelt es sich um den gleichen Spruch, wie in dem von Professor Gangl, erwähnten Buch.[1]

Abbildung 1 Titelblatt der Handschrift.mit der Jahreszahl und Besitzer.

Abbildung 2 letztes Blatt der Handschrift mit dem Datum 4.Februar1616.

Im Zuge der Provenienzforschung in der Bibliothek der Veterinärmedizinischen Bibliothek, fiel mir dieses kleine Büchlein auf, welches in einem unansehnlichen Zustand war. Es handelt sich dabei um eine Handschrift in einem Pergamenteinband mit den Maßen Breite 15.5 cm und Höhe 20 cm und 84 Seiten doppelseitig beschrieben.

Es ist eine Handschrift wobei sich bei dem Durchlesen der Texte herausstellte, dass es ein sogenanntes Roß – Arzneybuch ist. Mit Beschreibung der Krankheiten der Pferde und der Angabe der Rezeptur die zur Heilung angewendet werden soll.

Am ersten Innenblatt ist der oben schon erwähnte Bücherfluch zu sehen, die Jahreszahl und der vermutliche Verfasser dieser Handschrift sind gut lesbar.

Leider gibt es keinerlei Angaben oder Aufzeichnungen wie das Büchlein in die Bibliothek kam.

 

Das Buch ist mir lip, wer mirs stihlt,

der ist ein dip; ess sey ritter oder knecht,

so ist er am Galgen gerecht’;

 

die Fortsetzung dieser Zeilen lautet folgendermaßen:

 

Kommt er in ein Haus,

So jage man ihn hinaus;

kommt er an einen Graben.

So fressen ihn die Raben

Kommt er an einen Stein,

So bricht er Hals und Bein[2].

 

Beide Bücher, eben das von Professor Gangl in dem Artikel „Scherz und Ernst im Exlibris“ erwähnte und die von mir durch Zufall gefundene Handschrift stammen aus dem gleichen Zeitraum, also 16.Jahrhundert.

Die folgenden Seiten  der mir vorliegenden Handschrift sind gut lesbar. Die erste Datierung ist mit 1594 auf dem Vorsatzblatt angegeben und die letzte Datierung 4. Februar 1616 ist auf dem letzten Blatt zu sehen.

Dadurch ergibt sich ein Zeitraum von zweiundzwanzig Jahren in welchem die Eintragungen erfolgten. Anzumerken ist, dass mehrere Handschriften in diesem Büchlein zu sehen sind.

Man kann annehmen, dass der Besitzer das Büchlein führte und es zugleich als Nachschlagewerk aber auch für Aufzeichnungen verwendet hat. Da diese Handschrift für den Besitzer sehr kostbar war, ist es nicht zu verdenken, wenn er es mit einem Bücherfluch versehen hat.

Sehr früh finden sich solche Bitt-und Mahnsprüche aber auch Verwünschungen und sogar handfeste Drohungen auf einigen Bucheignerzeichen.[3]

Zwei abgebildete Darstellungen zeigen zum Teil die Verwünschungen, die den Bücherdieb treffen sollen.

Abbildung 4, Exlibris von zur Westen. Gehenkter Bücherdieb und Henker, auf dem Galgen zwei Raben (Silhouetten).

“Gibst Du mein Buch mir nicht zurück. So wartet Dein der Henkersstrick“.

 

Das ist mein Buch deswegen habe ich meinen Namen hineingeschrieben. Wenn jemand dieses Buch stehlen will, wird er an der Kehle hängen (aufgehängt werden). Dann wird er „Ach, ach“ schreien, da ihm durchaus recht geschehen ist.[4]

 

Abbildung 5, Exlibris von Mangold Burkhard, Dies Buch gehört Jak Schäublin: Bäuerin beim Dreschen mit dem aussagekräftigen Spruch.

 

Diese Sprüche und Flüche sollen demjenigen als Warnung dienen, der das Buch mitnimmt (stiehlt) oder ausborgt und darauf vergisst das Buch zurück zu geben.

Sie sollten aber auch dazu dienen, dass andere Personen den Text abändern oder als eigenes Werk ausgeben.

 

Dieser Aufsatz ist in zwei Abschnitte gegliedert, der erste Abschnitt betrifft den Bücherfluch und im zweiten Abschnitt wird einiges zur Person des Verfassers mitgeteilt.

 

Der Verfasser oder Besitzer der Handschrift.

Am Titelblatt ist der Urheber oder Besitzer dieser Handschrift genannt

„Ernst von Güntherrodt“.

 

In dem Zeitraum in dem diese Handschrift entstand, gab es noch keinen Tierarzt wie wir ihn heute kennen. Am Wahrscheinlichsten waren solche Aufzeichnungen in den Marställen geistlicher oder weltlicher Fürstenhöfe. Aber auch in den städtischen Marställen war die Aufsicht über das Stallpersonal, Fütterung, Wartung der Sättel und dem Pferdegeschirr einem Marschall anvertraut.[5]. Da der Name des Autors auf einen Schreiber adeliger Herkunft weist, liegt die Vermutung nahe, dass der Autor dieses Büchleins selbst Stallmeister, Verwalter oder Besitzer eines Adelsansitzes oder Gestütes war. Zu dieser Zeit lag der Umgang mit kranken Pferden naturgemäß bei den Personen, die tagtäglich mit Pferden zu tun hatten. Das waren die Schmiede, Pferdewärter, Stallmeister, Hofmarschälle und Scharfrichter, die auch die Tätigkeit des Wasenmeisters ausübten.

Folgende Abbildung zeigt auf, dass der Scharfrichter in Württemberg der Verfasser von einem Roßarzneybuch ist.

Nachrichter’s nützliches und aufrichtiges Pferd– und Roß Arzneibuch, in welchem die innerlichen Krankheiten und äußerlichen Zustände der Rosse auf das deutlichste erklärt werden.

Hier zeichnet sich ein Bedarf an solchen Aufzeichnungen ab, der sich in schriftlicher- oder gedruckter Form wiederspiegelt.[6]

Abbildung 5, Titelblatt Arzneybuch.

Man nennt diese Zeit bis zum Beginn des speziell akademischen ausgebildeten Tierarztes, „Die Stallmeisterzeit“.

Ernst von Günderoth.

Hier war die Neugierde geweckt, wer war diese Person, was war die „Tätigkeit“ und vor allen Dingen warum und wozu wurde das Roßarzneibuch verfasst?

Die erste Nachsuche im „Des Hl. Römischen Reiches Genealogisch – Historisches Adels Lexikon“ von Johann Friedrich Gauhe ergab folgendes Ergebnis. Günterodt oder Günderrode, diese adelige Familie war in Hollstein (Holstein) Rheinland, Vogtland und in Frankfurt am Main vertreten. Der Ursprung scheint nicht ganz geklärt, aber eine Quelle weist auf das Rheinland hin und die Stammreihe soll mit Jonas von Günderode beginnen, der im Jahr 1465 mit Herzog Albrecht zu Sachsen als Cavalier zum Heiligen Grabe gereist sein soll.1. Es würde zu weit führen die Geschichte dieser Familie ausführlich zu behandeln, es geht lediglich um die Person des Ernst von Günderode (vermutlich der Eigner dieser Handschrift).

Dieser stammt aus der Linie des Hans von Günderode ansässig in Meissen.

  1. Ältere Hauptlinie.

Stifter: Hans von Günderode, diese Linie ist ausgestorben.

Hans von Günderode + 1501 verehelicht mit Anna Eusebia von Bünau + 1522.

  1. Georg v. Günderode + 1542.
  2. Ernst v. Günderode + 1545
  3. Heinrich v. Günderode +1563 oo N.N.
    3.1. Hans v. Günderode *1526 bis + 1565
    oo 1555 mit Elisabeth von der Linda.

3.2. Heinrich v. Günderode + 1529 oo Kunigunde von Berbisdorf.
3.2.1.Christoph Heinrich* 1564
3.2.2 Wolf Heinrich * 1569 +1630,

Wolf Heinrich wurde der Stammvater der holsteinischen Seitenlinie der Familie Günderrode. Sein Sohn Ernst Christoph +1643, war holstein – gottorpischer Oberst, Oberstallmeister und Hofmarschall[7] und dessen Sohn, Friedrich von Günderrode auf Foggebühl und Froßmark * 20.Jan. 1641, war Schleswig – Holsteinischer Hofmarschall, Oberst über die Gardereiterei, Oberjägermeister zu Gottorp und Amthauptmann zu Apenrade und Lugumkloster. Mit diesem in der holsteinschen Geschichte vielgenannten Manne, der am 1.Februar1703 starb, erlosch auch diese Seitenlinie der Günderode.

Von diesen Familienaufzeichnungen gehe ich davon aus, dass der besagte Ernst Christoph +1643 der Verfasser dieser Schrift ist und diese in der Familie weitergegeben wurde.

 

Literatur:

Deutsche und Österreichische Bibliothekszeichen Exlibris. Ein Handbuch für Sammler Bücher- und Kunstfreunde von K.E- Graf zu Leiningen – Westerburg. Stuttgart MCMI.

Dosoudil, Ilse;  Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich / Verein für Landeskunde von Niederösterreich. – Wien, 1997-1998.

Girolla, Walter; Zorzi, Anton J.

In: Biblos / hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. – Wien, 1959.

Crüwell, G.A; Der Bücherfluch. Seine Geschichte- Seine Bedeutung – Seine Ausläufer.

Bogeng, G.A.E.; Streifzüge eines Bücherfreundes, Zweiter Teil, Weimar 1915, Gesellschaft der Bibliophilen.

Körner, Hans: Frankfurter Patrizier. Historisch – Genealogisches Handbuch der Adeligen Ganerbschaft des Hauses Alten – Limpurg zu Frankfurt am Main. München 1971.

Fröhner Reinhard; Kulturgeschichte der Tierheilkunde. Ein Handbuch für Tierärzte und Studierende. 2.Band. Konstanz 1954.

Jahresschrift des schweizerischen EX LIBRIS CLUBS, Nr. 40, Jahr 2000. Exlibris Bucheignerzeichen Kleingraphik. Von Trends und Trennungsängsten, Mahn- und Drohsprüche auf Exlibris – Blättern.

Familiengeschichtliche Blätter: Deutscher Herold. Monatsschrift für wissenschaftliche Genealogie. 35.(68.), Jahrgang 1937.Leipzig

Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste. Teil 97 Gulapingslög –Gussonea. Erste Sektion A-G. Graz – Austria 1977.

Graefe, Carl: Die Hippologische Literatur von 1848 bis einschließlich 1857. Verzeichnis der in diesem Zeitraum über Alles, was das Pferd betrifft, erschienen Bücher, mit biographischen Notizen über die Verfasser. Leipzig 1863.

Gauhen, Johann Friedrich; Des Heil. Röm. Reichs Genealogisch – Historisches Adels – Lexikon. Leipzig 1740.

G.W.Schrader; Thierärztliches Biographisch – literarisches Lexikon der   Thierärzte aller Zeiten und Länder sowie der Naturforscher ,Aerzte, Landwirthe, Stallmeister u.s.w.,welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben. Stuttgart 1863.

[1] Mitteilungen der Österreichischen Exlibris Gesellschaft, Neue Folge 68.Jg. Nr.1, April 2013, S 1.

[2] Anmerkung der Autorin: diese Zeilen erinnern an einen Auszählreim der früher beim Spielen üblich war.

[3] Jahresschrift des Schweizerischen Ex Libris Clubs Nr.40 2000.   Brigitte Fuchs; Ex Libris Bucheignerzeichen Kleingraphik, S 53ff.

[4] Mitteilungen der Österreichischen Exlibris Gesellschaft, Neue Folge 68.Jg. Nr.1, April 2013, S 1.

[5] Froehner Reinhard. Kulturgeschichte der Tierheilkunde. Ein Handbuch für Tierärzte und Studierende.2.Band.1954.

[6] G.W.Schrader; Thierärztliches Biographisch – literarisches Lexikon der  Thierärzte aller Zeiten und Länder sowie der Naturforsche,Ärzte, Landwirthe, Stallmeister u.s.w.,welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben. Stuttgart 1863.

1 Des Hl. Römischen Reiche Genealogisches Historisches Adelslexikon ……, S 720.

[7] Bis zum Jahr 1643 war Obrister und Ober – Stallmeister am Fürstlich Hollsteinschen Hofe.

Dr. Christa Mache

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